IT-Sachverständiger Dr. Manfred Fitzner

vom BDSH e.V. verifizierter Sachverständiger

Fortschritt messen bei agilen Projekten

Agile Projekte und „Point of Profits“ – wie ich die Performance Analyse à la Earned Value Management im agilen Umfeld nutzen kann

Earned Value Management (EVM) oder auch Earned Value Analysis (EVA) basiert auf einer Ergebnisplanung, wobei jedem Teilergebnis Plankosten zugeordnet sind.

Bei Bestätigung (Kunden-Abnahme; Site Acceptance Test) eines geplanten Ergebnisses und nach Ermittlung der zugehörigen Istkosten kann ich schon frühzeitig den Cost-Perfomance-Indicator (vereinfacht: ergebnisbezogen CPI = ∑Plankosten / ∑Istkosten) berechnen und wenn der CPI kleiner als 1 wird, sofort reagieren.

Voraussetzung: Meine Projektergebnisse sind ausreichend detailliert. Arbeitet man agil, bedeutet dies ggfs., dass wir geplante Projektergebnisse ändern oder sogar streichen müssen und dafür andere Ergebnisse liefern sollen.

Das Risiko: Die Basisplanung wird durch agile Änderungen obsolet, damit kann die initial aufgestellte exakte Zuordnung von Plan- zu Istkosten nicht mehr genutzt werden und der CPI ist nicht mehr verwendbar. Wenn das Projekt aus dem Ruder läuft wird eine Tendenz nicht rechtzeitig erkannt.

Als Projektmanager trage ich die Verantwortung für den business-technischen Erfolg meiner Projekte. Wie organisiere ich das Controlling, um Abweichungen zeitnah und sicher identifizieren zu können?

Was muss organisiert werden, um trotz einer Änderung von geplanten Ergebnissen die Methode EVM einsetzen und den CPI berechnen zu können?

Der folgende Vorschlag ist relativ einfach umzusetzen, verlangt aber eine einvernehmliche Abstimmung mit dem Kunden der Projektergebnisse:

1. Wir führen eine Bemessungseinheit für Teilergebnisse ein:

Points of Profit (PoP). PoP soll bewerten, welchen absoluten Beitrag ein Projektergebnis zum Gesamtergebnis liefert.

2. Der grobe Fahrplan des Projektes wird besprochen und vereinbart: welche Ergebnisse sollen wie erarbeitet werden. (z.B.: Kundenmitwirkung)

3. Die für das Projekt benötigten Ergebnistypen werden definiert und zu jedem Ergebnistyp werden Sets aus konkreten abnehmbaren Ergebnissen und den zugehörigen PoP zugeordnet: PoP-Sets.

Beispiele für Softwareentwicklung: Ergebnistypen und benötigte Instanzen

A) User Story / Spezifikation: Für das Erstellen und Abstimmen werden

z.B. 30 Punkte festgelegt

Initial werden 30 Instanzen vereinbart.

Spätere benötigte zusätzliche User Storys werden mit je 30 weiteren PoP kalkuliert.

B) Für eine implementierte Schnittstelle werden 100 PoP vereinbart

C) Für ein Informationsobjekt, welches in der Software abgebildet wird und bearbeitet werden kann, werden 50 PoP vereinbart

D) Für eine Workflowfunktion werden 20 PoP vereinbart.

E) Sprint Review mit dem Kunden (Teilabnahme): 15 PoP

F) Benötigtes Steering Committee inkl. Vor- und Nachbereitung: 30 PoP

G) Ergebnis streichen: 3 PoP (muss in die Doku einfließen)

H) Zusätzliche Kundenschulung: 5 PoP

I) Für Erweiterung des Nutzerkonzeptes: 8 PoP

J) usw. (weitere PoP-Sets für QS, Tests, Optimierung, Dokumentation…)

4. Die zum Start des Projektes erkannten und festgelegten PoP-Sets werden aufgelistet und summiert.

5. Wir teilen das Projekt-Budget durch die Summe der initial geplanten PoP und haben einen Projekt-Einzelpreis pro PoP.

6. Eine Liste der Einzelergebnisse und der zugeordneten PoP (PoP-Sets) wird erstellt. Damit erhalten wir eine kostentechnisch bewertete Ergebnisliste (Evaluated Results List, ERL).

7. Jedes neu zu lieferndes Ergebnis - man plant die PoP gemäß Ergebnistyp - kann somit kostentechnisch bewertet werden.

Wenn wir es schaffen, die Evaluated Results List gemeinsam mit dem Kunden an die Erkenntnisse im Projektgeschehen anzupassen, d.h. neue Ergebnisse hinzufügen samt den benötigten PoP und den dazugehörigen Kosten, dann können wir unser Projekt sicher führen.

Wie wird nun geplant, controllt und reagiert?

Planung (Beispiel)

Controlling

Reaktion Budgetanpassung

Reaktion: Optimierung meiner Projekte bzw. Prozesse

Fazit

Das Einführen von Points of Profit (intern) lässt exaktes Controlling bei sich verändernden Projektzielen zu.

Eine mit dem Kunden vereinbarte Kalkulationsgrundlage (extern) „Ergebnis zu PoP“ vereinfacht enorm erforderliche Budgetanpassungen.

(In meinem Post wird aus Gründen der Lesbarkeit und Klarheit auf die Verwendung einer gendergerechter Sprache verzichtet.)

© Dr. Manfred Fitzner